Kommunalpolitik gelingt nur dann, wenn die Bevölkerung Vertrauen in das Handeln der Behörden hat. Weisslingen hat dieser Tage gezeigt, was das konkret heisst.
Weisslingen möchte seine heute vier Kindergärten an einem einzigen Standort konzentrieren. Was vor einigen Monaten noch heftige Reaktionen auslöste, scheint heute auf Verständnis zu stossen. Nicht zufällig: Die Weisslinger Behörden haben seriös geplant und sorgfältig und gut orientiert. Die kleine Gemeinde zählt knapp 3’400 Einwohnerinnen und Einwohner. Rund um das Kerndorf liegen verschiedene Weiler, die ebenfalls zur Gemeinde gehören. Derzeit führt Weisslingen noch drei dezentrale Kindergärten. Um diese Kindergärten zu betreiben, braucht es eine teilweise komplexe Logistik, denn nicht immer wohnen die kleinen Kinder dort, wo ein Kindergarten steht. Zudem entsprechen die Lokale nicht den Anforderungen, die der Lehrplan 21 an heutige Schulräume stellt. Es wären umfangreiche Investitionen in alle Kindergärten nötig.
Zuerst verworfen – jetzt zugestimmt
Bereits 2016 hat die Schulpflege entschieden, die drei Kindergärten an einem einzigen Standort zu konzentrieren. Das Vorhaben stiess damals auf harsche Kritik und der Projektierungskredit für den geplanten Neubau wurde an einer Gemeindeversammlung verweigert. Nun hat die Gemeinde zusammen mit der Schule das Projekt erneut in Angriff genommen – und es sieht danach aus, als ob sich eine Mehrheit der Weisslingerinnen und Weisslinger diesmal für das Projekt aussprechen. Wieso?
Dialog als Basis für Vertrauen
Behörden konzentrieren sich in ihrer Arbeit mit Vorteil auf die drei Säulen Strategie, Controlling und Kommunikation. Mit der Entwicklung von Strategien in den unterschiedlichsten Bereichen stellen Sie die Weichen für die Zukunft der Gemeinde und der Schule. Durch ein gutes Controlling stellen sie sicher, dass die Umsetzungsqualität und der Zeitplan stimmen und dass alles bezahlbar bleibt. Mit einer klugen Kommunikation erklären Sie der Bevölkerung nicht nur das «Was», sondern auch das «Wieso» – und sie suchen den Dialog.
Die Gemeinde Weisslingen hat genau das getan. Zunächst sah die Bevölkerung, dass die Schulraumsituation ungemütlich wurde. Raumknappheit musste mit verschiedenen Provisorien überwunden werden. Nach der Neuauflage des Projektes «Zentraler Kindergarten» genehmigte die Gemeindeversammlung im Februar 2021 einen Projektierungskredit. Eine breit abgestützte Kommission unter Gemeinde-Vizepräsident Pascal Martin und einer erfahrenen Planerin nahm die Arbeit auf. Im November 2021 präsentierten der Gemeinderat, die Schulpflege und die Planerin das Projekt der Öffentlichkeit. Sie überzeugten. Widerspruch oder kritische Anmerkungen fanden kaum statt.
Ein Plus an Kommunikation
Pascal Martin betont: «Üblich sind solche Veranstaltungen bei uns nicht. Aber wir wollten frühzeitig das Gespräch mit der Bevölkerung und vor allem möglichen Kritikerinnen und Kritikern suchen.» Die Resonanz auf den Infoabend war bescheiden. Etwas mehr als ein Dutzend Weisslingerinnen und Weisslinger nahmen daran teil. «Ich bin nicht enttäuscht», betont Pascal Martin. «Uns war es wichtig, die Möglichkeit zum Gespräch zu schaffen. Diese haben einige Leute genutzt und das ist gut so.». Der Abend verlief weitgehend harmonisch; die Zustimmung zum Projekt war spürbar.
Strategisch kommunizieren mit dem 6K-Kommunikationsmodell
Suchen Sie Tipps, wie Sie Ihre Kommunikation optimieren können? In meiner Broschüre «New Public Communications. Glaubwürdig kommunizieren in Gemeinden» (Link: Broschüre_New Public Communications), erschienen im VZGV-Verlag, habe ich aufgezeigt, wo ich bei der Kommunikation von Schulen und Gemeinden den Hebel ansetzen würde. Auf dem Merkblatt Glaubwürdige_Kommunikation habe ich das Wichtigste zusammengefasst. Übrigens: Die Gemeinde Weisslingen zählt nicht zu unseren Mandanten. Gut kommuniziert haben die Behörden gleichwohl.
Fundierte Arbeit und «Reden darüber»
Wieso war nun alles anders als vor vier Jahren? Einerseits hat sicher die Zeit für das Projekt gearbeitet. Die Provisorien machten den Handlungsbedarf bei den Kindergärten sichtbar. Zweitens leistete die strategische Kommission gute Arbeit. «Wir konnten aufzeigen, weshalb ein zentraler Kindergarten gegenüber drei dezentralen von Vorteil ist», betont Pascal Marti. Drittens konnte die Gemeinde darlegen, dass der neue Kindergarten fast zum Nulltarif gebaut werden kann. «Wir haben die Verkaufsmöglichkeiten der drei Kindergartengebäude seriös geprüft. Der Erlös dürfte in etwa in der Höhe der Kosten für den Neubau liegen», betont Pascal Marti. Und viertens haben Gemeinde und Schule die direkte Kommunikation mit der Bevölkerung nicht gescheut. Das schafft Vertrauen. Noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Im Sommer 2022 stimmt die Bevölkerung Weisslingens über den Baukredit an der Urne ab. Aber Pascal Marti ist zuversichtlich: «Ich glaube, dass dieser Kredit bewilligt wird. Die Stimmung ist eine ganz andere als vor vier Jahren.»
Der Fall Weisslingen ist unspektakulär, natürlich. Aber er zeigt auf, wie wertvoll es ist, wenn Gemeindebehörden genügend Ressourcen sowohl in das strategische Arbeiten wie auch in die Kommunikation investieren – zumal insbesondere die Konzentration auf die wichtigen Tätigkeitsgebiete die kommunale Behördenarbeit so spannend macht. Die Gründe für den Bau eines zentralen Kindergartens waren 2016 nicht anders als im November 2020. Aber damals war die Bevölkerung noch zu wenig vorbereitet und involviert. Das öffnete den Kritikerinnen die Möglichkeit, das Projekt zu Fall zu bringen. Nun haben Gemeinde und Schule viel in die strategische Planung investiert. Sie haben Ziele formuliert und aufgezeigt, wie diese erreicht werden können. Die Vorteile eines zentralen Kindergartens konnten so aufgezeigt werden. Sie haben anschliessend Möglichkeiten zum Dialog geschaffen. Der Infoabend wurde zwar nur schwach besucht – aber es wird niemand sagen können, die Gemeinde und die Schule seien dem Gespräch ausgewichen. Nun braucht es noch einen guten beleuchtenden Bericht und Infos auf der Webseite. Dann wird das Vorhaben voraussichtlich mit deutlichem Mehr genehmigt.
Eine gute Kommunikation für Glaubwürdigkeit und Erfolg ist nicht ganz gratis zu haben. Sie benötigt mindestens eine gewisse Investition an Zeit – und manchmal auch an etwas Geld. Aber in eine glaubwürdige Kommunikation zu investieren lohnt sich mindestens ebenso, wie Investitionen in den Tief- oder Hochbau.